Wendelstein - Diesmal zwar in etwas kleinerem Format mit neuem Spielort „Badhausplatz“, hat die Gemeinde Wendelstein bereits zum fünften Mal mit Theaterveranstaltungen an Kunigunde Creutzer als gebürtige Wendelsteinerin erinnert. 1519 heiratete sie Hans Sachs, den bekannten Nürnberger „Schusterpoeten“ und stammte aus dem „Bergbauernhof“ am Ortsrand von Wendelstein. Personelle Veränderungen in der Theatergruppe hatten dazu geführt, daß die großen Theaterabende zugunsten eines kürzeren Stücks verändert wurden mit je zwei Vorführungen am Nachmittag und Abend jetzt am Kirchweih-Wochenende in Wendelstein.
Die aktuellen Theateraufführungen hatten bewußt nicht das bisherige große Format und fanden auch nicht wie die letzten Male am Platz am Mühlbuck statt: In neu zusammengesetzter Gruppe mit langjährigen Akteuren und mit Neuzugängen zeigte die Theatergruppe dieses Jahr auf dem „Badhausplatz“ ihr einstudiertes Stück. Das Hans Sachs-Stück „Die gestohlenen Schinken“ bildete dabei das große „Mittelstück“ und die erste wie auch die letzte Szene widmeten sich dem Alltag von Kunigunde Creutzer als „Leiterin des Familienunternehmens“ mit ihren Sorgen und kleineren Problemen wie etwa den eigenen Kindern wie großen mit einem diebischen Knecht. Bei der ersten der vier Aufführungen am Kirchweihsamstag und -Sonntag begrüßte Bürgermeister Werner Langhans persönlich die Zuschauer, die trotz der Hitze zahlreich gekommen waren. Er erinnerte an die Entstehung der Theatergruppe und die junge Tradition, mit Theaterstücken über Kunigunde Creutzer und ihren Ehemann Hans Sachs deren Beziehungen zu Wendelstein in den Vordergrund zu rücken. Und er dankte allen Mitwirkenden, daß sie trotz personeller Umbrüche in der Theatergruppe wieder bereit waren, ein neues Stück einzustudieren. Vielleicht, so Langhans, hat Hans Sachs sogar bei einem Besuch in Wendelstein von den „gestohlenen Schinken“ erfahren und das Thema dann als Stück verarbeitet.
Annika Jakob sorgte für eine ungewohnte modern-flotte musikalische Begrüßung. Dann erlebte das Publikum nach einem Musikstück von Raphael Horn in der ersten Spielszene wie Kunigunde Creutzer (Tamia Horn) bei Besorgungen in Nürnberg auf ihre Freundin Liesl (Nele Wendt) jeweils mit Kindern (Jeremias und Elias Horn sowie Jannis Wendt) trifft und dieser ihre Probleme klagt: Neben Geldnöten wegen ihres mehr dichtenden als arbeitenden Ehemanns sind es die Kinder und deren Gesundheit sowie ein untreuer Knecht, der aus der Vorratskammer bei jeder Gelegenheit gern geräucherte Würste für sich „abzweigt“. Dieses Problem leitet bewußt zur Hauptszene der Aufführung über, dem Stück „Die gestohlenen Schinken“ von Hans Sachs. Hier beklagen die beiden Nachbarinnen Marthe (Karin Stadler) und Grete (Sabine Zäpfel) im Gespräch, daß ihr gemeinsamer Nachbar Barthel (Bernd Kalb) immer gern beim Schlachten im Dorf seinen Anteil als Schenkung annimmt, aber selbst den Nachbarn kein Fleisch abgibt, wenn er Schlachttag hat. Und gerade jetzt hat er doch vom letzten Schlachten große und schöne Schinken in seiner „Speis“ hängen. Beide Frauen schmieden einen Plan, um Barthel um seine Schinken zu bringen.
Der Plan gelingt, aber es bleibt ein schlechtes Gewissen, das der Pfarrer (Karlheinz Steger) bei der Beichte problemlos zerstreut - gegen Überlassung eines Anteils vom Schinken. Ja, er hilft sogar beiden Frauen den geizigen Barthel zu bestrafen: Als dieser den Verlust seiner Schinken beklagt und seine Nachbarinnen in Verdacht hat, schlägt der Pfarrer ein „Gottesurteil“ zur Klärung von Schuld und Unschuld vor - mithilfe eines Ingwerstücks zum Kauen. Marthe und Grete wissen hier schon zuvor, welches Ingwerstück sie kauen müssen, um ihre Unschuld zu beweisen und auch der Pfarrer selbst isst als Beweis der eigenen Neutralität ein Ingwerstück. So verliert am Ende Barthel nicht nur seine Schinken, er muss wegen der Beschuldigungen auch auf Anordnung des Pfarrers seinen Nachbarinnen als Sühne Geld und Wein geben. Und wie löst Kunigunde ihr Problem mit dem untreuen Knecht? Auch dies wird als Schlußszene des Stücks geklärt, wenn Kunigunde bei einem weiteren Treffen mit Liesl berichtet, wie sie den Knecht der Diebstähle vor weiteren Zeugen überführen konnte. Der abschließende Dank nach dem Stück galt außerdem Uschi Kalb als Souffleuse, Katharina Polster für die Organisation und der Waldorfschule für die gute Zusammenarbeit bei der Ausarbeitung des Stückes. (jör)
Der um seine Schinken gekommene Barthel (Bernd Kalb, links) stellt sich dem „Gottesurteil“ mit Ingwerstücken, das der Pfarrer (Karlheinz Steger, 2.v. links) vorschlägt. Auch die beschuldigten Nachbarinnen Grete (Sabine Zäpfel, 2.v. rechts) und Marthe (Karin Stadler, rechts) haben zugestimmt - sind aber ins „Geheimnis“ der Prüfung eingeweiht.
Die neu zusammengesetzte Theatergruppe mit langjährigen Akteuren, Neuzugängen und Schauspielernachwuchs von der Waldorfschule bekam zum Abschluß viel Beifall für die Aufführung ihres aktuellen Stückes, als der Bürgermeister alle Akteure namentlich mit ihrer Rolle und Aufgabe im Stück vorstellte.